Mutmachgeschichten von Menschen wie du und ich – Lichtblicke in Zeiten von Corona

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Groß und Klein, Alt und Jung, Mann und Frau, alle können ihre Mutmachgeschichten schreiben und veröffentlichen. Es wäre toll, wenn viele Geschichten geteilt werden könnten!

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Tabea Dürr
E-Mail: seniorenpark-dossenheim@gmx.de
Telefon: 06221 8617-30

Das Märchen von der alten Frau mit den Bohnen

Es war einmal eine sehr alte, weise Frau. Sie hatte ein recht beschwerliches Leben. Jeden Morgen, bevor sie ihr Tagwerk begann, legte sie sich eine Kittelschürze um. Dann ging sie in ihre Speisekammer und nahm eine Handvoll Bohnen aus einem Sack. Diese steckte sie sich in die rechte Tasche ihrer Schürze. Wann immer ihr im Laufe des Tages etwas Schönes begegnete – das Lächeln eines Kindes, der Gesang eines Vogels, der Klang einer Klangschale, ein Mitmensch, der ihr eine Freundlichkeit erwies, der Duft einer schönen Tasse Kaffee, ein Sonnenstrahl, der ihr Gesicht traf oder ein schattiger Platz in der Mittagshitze – kurz gesagt, für alles, was ihr Herz und ihre Sinne erfreute, ließ sie eine Bohne von der rechten in die linke Schürzentasche wandern. Am Abend, bevor sie sich schlafen legte, nahm sie die Bohnen aus der linken Tasche ihrer Kittelschürze. So betrachtete sie, was ihr an diesem Tage Schönes widerfahren war. Bei jeder einzelnen Bohne wusste sie noch ganz genau, was ihre Freude ausgelöst hatte. Und wenn sich auch nur ein einziges Böhnchen in ihrer linken Schürzentasche fand, dann war es für sie ein Tag, an dem es sich gelohnt hatte, zu leben.

 Tabea Dürr

Eine Erfahrung von Evelyn Hiedell

Als 75 jährige Dossenheimer Großmutter bin ich sehr erfreut und der Dossenheimer Verwaltung mit Bürgermeister Faulhaber dankbar für die Einrichtung dieser Rubrik in den Gemeindenachrichten und auf der Homepage der Gemeinde. Vielleicht können wir uns so gegenseitig etwas anregen und unterstützen mit unseren unterschiedlichen Erfahrungen in der Zeit der Pandemie!
Ich bin mir meiner privilegierten Situation bewusst als Rentnerin mit einer bescheidenen Rente und einem gemütlichen Dach über dem Kopf, die sich keine Sorgen um ihre finanzielle Existenzgrundlage  machen muss. Von den persönlichen  Einschränkungen und der gesundheitlichen Bedrohung bin ich allerdings genauso betroffen wie wir alle. Was die Einschränkungen betrifft, habe ich mir von Anfang an immer wieder die Ausnahme-Situationen  und -Erfahrungen anderer Menschen in der Geschichte hergeholt innerlich wie z. b. Nelson Mandela mit seiner über 20 jährigen Haftstrafe oder  von Menschen in den Konzentrationslagern.
Mir ist bewusst geworden, dass mir vor allem eine Gewohnheit hilft, die ich mir schon seit geraumer Zeit angeeignet habe: sie betrifft das Wetter mit seinen Unwägbarkeiten. Ich kümmere mich im täglichen Leben in der Regel nicht um Wetter Prognosen, sondern lasse mich überraschen, passe mich in meiner Kleidung und meinem Verhalten dem Wetter an, z.B. eben mit der Kleidung. Nach dem Motto „es gibt kein Wetterproblem, nur unpassende Kleidung …“ Diese Haltung, mich den Gegebenheiten anzupassen, die ich nicht verändern kann, hilft mehr enorm, mit diesen so oft wechselnden Situationen und Anforderungen in der Corona – Krise umzugehen.
Infolge der durchgehenden Kontaktbeschränkungen, an die ich mich aus Überzeugung halte, wie viele von uns, mache ich möglichst täglich seit Beginn der Pandemie längere tägliche Spaziergänge oder Fahrten mit dem Rad. Zu einer der großen Freuden, die dabei entstehen, gehört die Entdeckung von neuen Wegen, neuen Lieblingsplätzen und die wohltuende Wirkung des Kontakts mit der Landschaft und der schönen Natur. Der Sommer mit neuen ungewohnten Gegebenheiten z. B. beim Besuch von öffentlichen Badeseen gab mir die Gelegenheit, neue unerwartete Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, wie z. B. das rechtzeitige Renovieren von Tickets und das Online- Bezahlen mit Kreditkarte. Das fühlte sich sehr gut für mich an! Eine weitere neue und sehr befriedigende Erfahrung war, dass Sprach-Unterricht und Üben von Kommunikation durchaus auch möglich ist auf Spaziergängen und mit Abstand! Das durfte ich zusammen mit einem Ehepaar erleben, das ich bei der Verbesserung seiner deutschen Sprachkenntnisse unterstütze. Inzwischen findet das über Zoom-Meetings statt. Auch das erlebe ich als einen Zugewinn an Erfahrung! Im häuslichen Bereich entstand durch die veränderte Kontakt-Situation ein Bedürfnis bei mir, neue Koch- und Plätzchen-Rezepte auszuprobieren, was zu sehr schönen Entdeckungen führte, ein weiterer Grund zu großer Freude. Die schon längere Zeit nicht mehr benutzte Klarinette wurde vor ein paar Wochen wieder hervorgeholt und, siehe da, nach intensiver Übung erklangen die Töne sogar voller und schöner als je zuvor. Noch nie hatte ich mit Acryl-Farben gemalt. So setzte ich die Idee um, solche käuflich zu erwerben, auch mit der Idee, dass die Enkel vielleicht Interesse daran haben könnten.  Ich kann mit Worten kaum beschreiben, wie wunderbar es war, auf Papier, Karton, dem, was ich gerade hatte, erste Erfahrungen mit diesen Farben zu machen. Einfach nur intuitiv Farben zueinander zu setzen, ohne bestimmtes Ziel.  Das Ergebnis war so befriedigend, weil das Ganze ohne Leistungsdruck stattfand und einfach eine Erfahrung mit der Wirkung dieser Farben war.
Insgesamt erlebe ich, auch in diesem sogenannten verstärkten Lock-down, dass in meinem persönlichen Leben ganz viel möglich ist, was mir Freude und Befriedigung bringt. Und: das Erleben von Dankbarkeit begleitet mich, ähnlich wie Tabea Dürr es in den letzten Gemeindenachrichten beschrieben hat, z. B abends, wenn ich mir vor dem Einschlafen die Freuden des Tages noch einmal vor Augen führe.