Rundgang durch das Heimatmuseum
Erdgeschoss und Keller
Im ersten Raum wird die Frühgeschichte Dossenheims mit der ersten schriftlichen Erwähnung im Lorscher Codex 766 nach Christus, sowie die Geschichte der Dossenheimer Kirchen dargestellt. Die Vitrinen zeigen Nachbildungen eines deformierten Frauenschädels – dem Dossenheimer Schädel – aus der Zeit um 530 nach Christus und den Schädel eines Kriegers aus der Zeit um 720 nach Christus. Ihm wurde im Kampf die linke Gesichtsseite mit einer Axt abgeschlagen. Weitere Vitrinen des Raumes zeigen Funde der Schauenburg.
Beim Betreten des zweiten Raums fällt der Blick sofort auf das von dem früheren Mitglied und Vorsitzenden des Heimatvereins Alois Ridinger gefertigte Modell der Schauenburg. Weitere hier ausgestellte Funde zeugen von den kriegerischen Auseinandersetzungen um die Burg.
Der dritte Raum zeigt Funde und Dokumente der ehemaligen Fliehburg, der Burg im Wolfsgrund, sowie der Kronenburg. Bevor man die Treppe zum Obergeschoss emporsteigt, sollte man den Keller des Museums besuchen. Hier erläutern anschauliche Tafeln die enge Verzahnung Dossenheims mit dem Weinbau. Küferwerkzeuge und weitere Instrumente zur manuellen Verarbeitung der Trauben vervollständigen das Gesamtbild des früheren Weinbaus.
Öffnungszeiten
Jeden dritten Sonntag im Monat von 14:00 bis 17:00 Uhr
Parkmöglichkeiten:
Am Kirchberg
oder im
Parkhaus Am Kronenburger Hof (fünf Minuten Fußweg)
Rundgang durch das Heimatmuseum
Erstes Obergeschoss

Küchenstube aus früheren Zeiten
Im Flur des Obergeschosses, dem fünftem Raum des Museums, wird auf einer Leinwand die Geschichte des Ortsteils Schwabenheim dokumentiert. Nun ist Leben und Arbeit im damaligen Steinbrecherdorf Thema der Ausstellungsräume. In Raum sechs ist eine alte Küche aus der Zeit um 1890 zu sehen. Neben den Küchenutensilien ist besonders der Wasserstein zu beachten, der früher auch zum Schleifen der Messer verwendet wurde. Auch die Schlafkammer – Raum sieben – zeugt von der häufig einfachen und kargen Lebensweise der früheren Dossenheimer, die häufig neben der Arbeit im Steinbruch noch eine kleine Landwirtschaft betrieben.

Auch Kinder mussten Steine klopfen
Im achten Raum wird man direkt mit der schweren, meist staubigen Arbeit der Steinbrecher konfrontiert. Nicht nur die Männer arbeiteten dort hart, sondern auch viele Kinder waren mit einer Drahtbrille als Augenschutz täglich viele Stunden im Einsatz, um mit Steinklopfhämmerchen Steine zu zerkleinern. In Schaugläsern werden auch die Produkte dieser Steinbruchindustrie ausgestellt.
Die Veränderung des Ortsbildes zeigt eine Prismenwand mit Luftaufnahmen aus den Jahren 1933, 1974 und 2001. Darunter wird anschaulich die Entwicklung der Bevölkerung Dossenheims im Laufe der Geschichte erläutert.

Die gute Stube
In Raum neun – im Dialekt auch „gud Stubb” genannt – ist eine Chaiselongue („ä Schässlong”) ausgestellt, die nur zu besonderen Festtagen im Jahr benutzt wurde. Die besonderen Tage im Laufe eines Lebens – von der Geburt, über die Kommunion oder Konfirmation, hin zur grünen, silbernen und goldenen Hochzeit bis zum Tod – dargestellt.
Alte Dossenheimer Ansichten, eine Kirchenecke sowie die Darstellung der Heimatvertriebenen-Geschichte vervollständigen diesen Raum.
Die enge Verflechtung von Bahnverkehr und der Steinbruch-Industrie in Dossenheim zeigt der zehnte Raum. Der „feurige Elias” und das „alte Bahnhöfel” sind bei älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern noch in guter Erinnerung. Aber auch an die Schaffnerutensilien und Schilder in der Vitrine kann sich sicher der ein oder andere noch erinnern.
Rundgang durch das Heimatmuseum
Speicher, Hof und Scheune

Ludwig Hilsheimer
Der Speicherraum mit dem sehenswerten Dachstuhl beinhaltet die museumspädagogische Werkstatt und wird für Sonderausstellungen genutzt. Auch eine alte Schulbank, eine Schultafel, ein Drogistenregal und ein altes Uhrwerk sind dort ausgestellt.
Im Treppenhaus fallen Besuchern die Fahnen längst vergangener Vereine, aber auch das Porträt des früheren Heimatvereinsvorsitzenden und Gründers des Heimatmuseums Ludwig Hilsheimer auf.

Diese Loren wurden für den Transport genutzt
Auf dem Weg vom Vorderhaus zur Scheune werden im Hof die Verwendungsmöglichkeiten des Porphyrs gezeigt. Diesen Schotter, der in Loren transportiert wurde, benötigte man vor allem für den Unterbau des Schienennetzes und im Straßenbau. Die Porphyrsteine in Drahtgeflechten, sogenannte Gabionen, wurden als Böschungsbefestigungen im Flussbau und an Erdrutschgefährdeten Stellen verwendet.

Werkzeug
Der ebenerdige große Raum in der Scheune dient als Kultursaal mit vielfältigen Veranstaltungen. Hier besteht auch die Möglichkeit, moderne Medien oder alte Heimatfilme zu präsentieren.
Im ersten Obergeschoss der Scheune werden neben der Landwirtschaft alte Handwerksberufe wie Schmied, Sattler, Schuster, Schneider und Wagner präsentiert. Ein Pferdewagen, mit dem die Steinbauern („Stååbauern”) die Steine in die nähere Umgebung, zur Bahn und zum Schiff transportierten, vermittelt die enge Verbindung dieser Berufe mit dem Steinbruchbetrieb.
Der Dachstuhl der Scheune präsentiert sowohl die Erhaltung des Dossenheimer Brauchtums (Sommertagszug, Holzäpfeltanz, Bannweidgericht) durch die Trachtengruppe des Heimatvereins als auch in Dokumenten,Trachten und Erinnerungsstücken das Schicksal der Heimatvertriebenen. Die seit 1982 bestehende Partnerschaft mit der am Mittelmeer liegenden französischen Stadt Le Grau du Roi wird durch Ausstellungsstücke und Geschenke präsentiert.

Traditionelle Tracht
Dossenheims geschichtliche Entwicklung
Vor- und Frühgeschichte
Die frühesten bislang auf Dossenheimer Gemarkung entdeckten Spuren menschlichen Lebens reichen bis in die Altsteinzeit zurück. Erste Siedlungsreste in Form einfacher Wohngruben stammen aus der Jungsteinzeit. Ein sogenanntes Hockergrab, wie es für die bandkeramische Kultur typisch war, trat bei Bauarbeiten im Gewann „Rohräcker“ zutage.
Schon 1860 wurde im Steinbruch unterhalb der Ruine Schauenburg ein 26-teiliger Bronzedepotfund der Urnenfelderkultur geborgen, der heute in der vor- und frühgeschichtlichen Abteilung des Badischen Landesmuseums Karlsruhe ausgestellt ist.
Auch Kelten und Römer waren hier einmal ansässig, wie ein für den ganzen Rhein-Neckar-Raum produzierender latènezeitlicher Mahlsteinwerkplatz auf dem Areal der evangelischen Kirche sowie Reste je einer römischen „villa rustica“ in den Gewannen „Grünheck“ und „Mörtelgrube“ belegen.
Frühes Mittelalter
Im „Breiten Wingert“ und im „Silber“, westlich der „Silbershohl“, befand sich das merowingische Reihengräberfeld mit geosteten und teilweise mit Beigaben versehenen Körpergräbern des 5. bis 8. Jahrhunderts. Erwähnenswert sind hier insbesondere die um 530 beziehungsweise 720 nach Christus datierten Bestattungen mit dem nach steppennomadisch-hunnischer Sitte künstlich deformierten „Dossenheimer Schädel“ einer über 70 Jahre alten Dame sowie dem Schädel eines mit etwa 30 Jahren im Kampf erschlagenen fränkischen Reiterkriegers, von denen sich Kopien im örtlichen Heimatmuseum befinden.
Der Ortsname „Dossenheim“ dürfte von der Baumbezeichnung „Dose/Dosse“ für Kiefer und Föhre herzuleiten sein, wie sie sich in dem Flurnamen „Dosenwald“ erhalten hat. Nach der Wortendung „-heim“ zu schließen, schon zur Zeit der alamannisch-fränkischen Landnahme im 4. und 5. Jahrhundert am Westrand des Odenwaldes, auf dem fruchtbaren Schwemmkegel am Ausfluß des Mühlbachs in die Ebene gegründet, tritt das Bergstraßendorf mit seiner ersten schriftlichen Erwähnung in einer Urkunde des Klosters Lorsch, die im „Codex Laureshamensis“ überliefert ist, am 28. Mai 766 in die Geschichte ein.
Der bei dieser Gelegenheit dokumentierte Verkauf eines Weinberges an die Benediktinermönche ist zugleich der erste Beleg für die lange Weinbautradition des Ortes, deren Erzeugnisse zu den besten des Nazarius-Klosters zählten, so daß der Lorscher Chronist den späteren Verlust der Dossenheimer Weingärten bitter beklagt. 794 und 820 schenken Vertreter des wohlhabenden fränkischen Adels ihre am Ort gelegenen Kirchen („basilica“ beziehungsweise „ecclesia“) dem 882 zur Reichsabtei erhobenen Kloster an der Weschnitz, das inzwischen zum bedeutendsten Grundherrn in Dossenheim aufgestiegen war.
Hoch- und Spätmittelalter
An mittelalterlichen Wehr- und Wohnbauten, deren Ruinen man auf den Hügeln östlich des Ortes findet, sind das ahistorisch „Kronenburg“ genannte „alte Schlössel“ über dem Mühltal – eine in einen (ottonischen) Ringwall hineingesetzte Turmburg des 11. und 12. Jahrhunderts, ein am Hohen-Nistler-Ausläufer „Wal(d)sberg“ gelegener, nur leicht befestigter Turmhof des 14. und 15. Jahrhunderts, sowie vor allem die über einer älteren Turmburg errichtete Bergfried-Schildmaueranlage der das Kalkofental beherrschende Schauenburg am Ölberg hervorzuheben. Ihre Reste werden seit 1982 von engagierten Burgenfreunden aus Dossenheim und Umgebung unter Mitwirkung der Außenstelle Karlsruhe des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg gesichert.
Sie war einst Sitz der 1130 erstmals bezeugten Edlen von Wolfsölden-Schauenburg, die von hier aus über Dossenheim herrschten und die auch in den südlichen Nachbarorten Handschuhsheim und Neuenheim über Güter und Rechte verfügten. Nach ihrem Aussterben um 1280 wurden Burg und Länderein 1303 von den Erben an die Heidelberger Pfalzgrafen verkauft. Unter maßgeblicher Beteiligung König Ludwigs des Bayern aus dem Hause Wittelsbach kam 1319 alles an den Mainzer Erzbischof, der die Vogtei Schauenburg aus Geldnot lange Jahre an die wohlhabenden Ritter von Handschuhsheim verpfändete. Seitdem steter Zankapfel zwischen den aufstrebenden Territorialmächten Kurpfalz und Kurmainz, wurden Dossenheim und die Burg im Krieg von 1460 durch Kurfürst Friedrich „den Siegreichen“ gewaltsam zerstört.
Unter dem neuen Landesherrn, der die ihm pfandweise abgetretene Mainzer Exklave vor den Toren Heidelbergs seinem Territorium einverleibte, erhielt Dossenheim im Zuge des fortschreitenden Ausbaus der kurfürstlichen Verwaltung 1475 ein einheitliches Ortsgericht, das in seinem Siegel als bis auf den heutigen Tag unverändertes Ortswappen drei Trauben an einer Ranke mit vier Blättern führte. Als Teil der Verwaltungseinheit „Cent Schriesheim“ gehörte die Gemeinde während der Pfälzer Zeit zum Oberamt Heidelberg. Erst 1714 erfolgte der endgültige Verzicht des Mainzer Erzbistums.
Frühe Neuzeit
Erstmals 1528 erscheint das Dorf Dossenheim als „Thussenheim“ in einem von dem damals an der Heidelberger Universität lehrenden Hebraisten und Kartographen Sebastian Münster (1488-1552) gefertigten Landkärtchen der Region.
Im 16., vor allem aber im 17. Jahrhundert wurde Dossenheim, wie viele Nachbargemeinden auch, immer dann von Not und Zerstörung heimgesucht, wenn feindliche Heere entlang der Bergstraße gegen Heidelberg vorrückten. Während des Landshuter Erbfolgekriegs (1504) verwüsteten der Landgraf von Hessen und seine Verbündeten die Dörfer im Vorfeld der Residenzstadt, ohne daraus einen militärischen Nutzen zu ziehen.
Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-48), der mehrfach niederländisch-spanische, schwedische, kaiserliche und auch französische Truppen an die Bergstraße führte, wobei Übergriffe gegen Gut und Leben der Zivilbevölkerung an der Tagesordnung waren, kam es in Dossenheim insbesondere 1622 durch Tillys Bayern zu Plünderungen und Zerstörungen, als diese die Residenz des ins Ausland geflohenen „Winterkönigs“ Friedrich V. angriffen. Nach dem Fall Heidelbergs wurde das Amt Schauenburg abermals für einige Jahre katholisch und kurmainzisch.
Im „Bergsträßer Rezeß“ von 1650, der den Verbleib bei der Kurpfalz regelte, wurde u.a. festgelegt, daß die im späten Mittelalter erbaute Dossenheimer Pfarrkirche St. Pankratius (vergleiche die Bauinschrift aus dem Jahr 1375 am Turm) von Katholiken und Reformierten gemeinsam als „Simultankirche“ zu nutzen sei, ein Zustand, der bis zur Erbauung der neuen katholischen Kirche 1923/26 fortdauerte. Am Ende des Dreißigjährigen Krieges lebten im Gebiet der Cent Schriesheim (s.o.), nur noch 20 Prozent der Vorkriegsbevölkerung, und der uralte Weinbau sollte nie wieder die wirtschaftliche Bedeutung erhalten, die er bis dahin gehabt hatte.
Auch in den Kriegen, die der französische „Sonnenkönig“ Louis XIV. dann im späten 17. Jahrhundert gegen die Pfalz führte, wurde Dossenheim mehrfach verwüstet und niedergebrannt. Nachdem im Jahr 1674, im Verlauf des Holländischen Kriegs (1672-79), bei einem Einfall französischer Truppen unter Marschall Turenne das Rathaus und zahlreiche andere Gebäude am Ort ein Raub der Flammen geworden waren, wurden 1689 während des Pfälzer Erbfolgekriegs (Orléans’scher Krieg, 1688-97) etliche Einwohner von Brigadegeneral Mélac als Geiseln weggeführt und ein Teil des geplünderten Ortes erneut angezündet. Im Jahr 1693 waren es dann abermals die Truppen Turennes, die Dossenheim verheerten, wobei diesmal insbesondere in der alten Kirche beträchtlicher Schaden entstand.
Das 18. Jahrhundert
Nachdem einzelne ihrer alten Heimat schon vorher den Rücken gekehrt hatten, kam es Mitte des 18. Jahrhunderts aufgrund der anhaltenden wirtschaftlichen Not vieler Menschen erstmals zu einer größeren Auswanderungsbewegung, vor allem nach Nordamerika. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte mit dem Bau der Landstraße Heidelberg-Weinheim um 1760 die Gewinnung des für diesen Zweck als Schotter begehrten Dossenheimer Quarzporphyrs ein, der von da an die Landwirtschaft als Erwerbsquelle immer weiter zurückdrängte.
In dem US-Diplomaten Thomas Jefferson (1743-1826), dem Hauptautor der amerikanischen Unabhägigkeitserklärung und späteren Präsidenten der Vereinigten Staaten, der sich anläßlich seiner in Tagebuchform und Briefen überlieferten Rheinreise des Frühjahres 1788 auch für die in Dossenheim untergebrachte Angoraziegenzucht des Pfälzer Kurfürsten Karl Theodor interessierte, kann das damals kaum mehr als 800 Einwohner zählende Bergstraßendorf einen — von letzteren allerdings scheinbar völlig unbemerkt gebliebenen — Gast von weltgeschichtlicher Bedeutung vorweisen.
Während der Koalitionskriege (1792-1807) hatte der Ort vor allem unter den zahlreichen Einquartierungen durchziehender Soldaten zu leiden. Nachdem am 22./23. September 1795 bei ersten Gefechten französischer gegen österreichische Verbände um Dossenheim das Dorf mehrfach den Besitzer gewechselt hatte, kam es am 24. September 1795 auf den Feldern südlich und südwestlich des Ortes zur „Schlacht bei Handschuhsheim“ zwischen einer französischen Revolutionsarmee und kaiserlich-österreichischen Streitkräften, die letztere für sich entschieden. Am 30. Mai 1799 wurde ein Kontingent des Mainzer Landsturms bei Dossenheim von französischen Truppen geschlagen und der Ort in der Folgezeit gleich viermal geplündert.
Das 19. Jahrhundert
Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803, in dem die alte Kurpfalz aufgelöst wurde, kam auch Dossenheim an das Großherzogtum Baden, welches 1807 die hier noch immer bestehende Leibeigenschaft aufhob. Was der Kurpfalz nicht mehr gelungen war, nämlich eine Einschränkung der vielen Feiertage, an denen die Landbevölkerung nicht arbeitete, erreichte 1814 die neue Obrigkeit, indem sie das Verbot des traditionellen „Holzäpfeltanzes“ durchsetzte. Erst 1922 wurde dieser alte Volksbrauch durch den damals unter maßgeblicher Beteiligung des Dossenheimer Volksschullehrers Peter Reinhard (1897-1927) neugegründeten Heimatverein wiederbelebt und ist heute, wie auch das sog. „Bannweidgericht“ in die jeweils um den dritten Sonntag im September herum stattfindende „Dossema Kerwe“ integriert.
Nachdem schon für 1297 ein Schultheiß und für 1753/67 eine Schultheißenwahl belegt sind, konnten die freien Bürger der Gemeinde unter der neuen Badischen Gemeindeordnung von 1831 dann im folgenden Jahr einen Bürgerausschuß wählen, dessen Mitglieder ihrerseits Bürgermeister und Gemeinderäte bestimmten. Während der Badischen Revolution von 1848/49 kam es am 21. Juni 1849 zwischen Handschuhsheim und Dossenheim zu einem Zusammenstoß revolutionärer Verbände und preußischer Truppen, welche später in den Ort einrückten und dort die demokratischer Gesinnung verdächtigen Bürger verhafteten. Abermals kam es zu einer größeren Auswanderungswelle nach Amerika.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts, das auch einen Aufschwung des Obst- und Tabakanbaus erlebte, wovon heute noch einige wenige im alten Ortskern erhaltene Tabakscheunen zeugen, entwickelten sich die Steinbrüche, in denen noch um die Jahrhundertwende Kinderarbeit trotz staatlichen Verbots an der Tagesordnung war, immer mehr zur Haupterwerbsquelle der Dossenheimer Bevölkerung. Mit zunehmender Bedeutung der Steinbruchindustrie wuchs auch die Zahl der Gewerbetreibenden am Ort.
Im Jahr 1885 wurde in dem damals noch an der Hauptstraße gelegenen Rathaus, welches im darauffolgenden Jahrzehnt als Verkehrshindernis auf dem Weg vom und zum Hauptbruch abgebrochen wurde, das erste Telefon installiert. Erst ab 1894 verloren die alten Dorfbrunnen entlang der Hauptstraße, von denen bis dahin die Wasserversorgung der Einwohnerschaft alleine abhing, durch die Einrichtung einer ersten modernen Wasserleitung ihre Funktion. Zur Bekämpfung der häufigen Scheunenbrände, die sich oft rasch auf umliegende Gebäude auszubreiten pflegten, wurde 1895 die Freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen.
Das 20. Jahrhundert
Die Elektrifizierung des Ortes erfolgte 1904. Nach dem Ersten Weltkrieg (1914-1918), aus dem 145 Dossenheimer nicht mehr zurückkehrten, ließ sich erstmals ein praktischer Arzt auf Dauer am Ort nieder, der seine Patienten noch in einem der zahlreichen Dossenheimer Gasthäuser behandelte.
Um 1919/20 dienten die steil aufragenden und zerklüfteten Felswände der Dossenheimer Porphyrsteinbrüche an den Wochenenden zeitweise auch als wild-romantische Landschaftskulisse für Außenaufnahmen zu einigen von der frühen deutschen Filmindustrie in dem am Neckar gelegenen „Glashaus-Studio“ bei Heidelberg-Schlierbach produzierten Stummfilm-Western wie „Der Wüstenadler“ oder „Das Vermächtnis der Prärie“, in denen der Ludwigshafener Industriellensohn Hermann Basler (1896-1982) die Rolle des gesetzlosen Revolverhelden „Bull Arizona“ verkörperte.
Mit Beginn des Jahres 1925 wurde der vormals eigenständige, schon 763 in den Traditionen des Klosters Fulda erstmals erwähnte „Schwabenheimer Hof“ eingemeindet. Etwa an der Stelle, wo im 13. Jahrhundert die vom Wormser Bistum zu Lehen gehende, später von den Fluten des Neckars zerstörte Niederungsburg „Schwabeck“ gestanden hatte, wurde 1923-25 eine Schleusenanlage gebaut.
Brände in Schloß- und Hauptbruch, die 1926 bzw. 1929 die dortigen Werksanlagen vernichteten, führten damals zu einer Krise der Dossenheimer Steinbruchindustrie. Die Stillegung des Schloßbruchs und der Wiederaufbau moderner Anlagen in dem seit 1928 von der Firma Vatter gepachteten Hauptbruch führten zu einem starken Rückgang der Arbeiterzahl. Auch die „Steinbauern“, die bislang für den Abtransport des gebrochenen Gesteins gesorgt hatten, waren durch die motorisierte Konkurrenz gezwungen, ihren Fuhrbetrieb einzustellen.
Während die Zahl der in den Porphyrbrüchen Beschäftigten zurückging, entstanden in der Zwischenkriegszeit mehrere Schreibwarenfabriken sowie eine Konservenfabrik, wo über Jahrzehnte nicht wenige Dossenheimer, zumeist Frauen, Arbeit fanden. Den Strukturwandel der siebziger und achtziger Jahre überstanden diese Betriebe jedoch nicht.
Während bei den Reichstagswahlen vom März 1933 nur 40,5 Prozent der Wahlberechtigten für die NSDAP votierten (Reichsdurchschnitt 43,9%), erreichte Hitlers Politik im Plebiszit vom August 1934 in Dossenheim bereits eine Zustimmung von 92,2 Prozent (Reichsdurchschnitt nur 84,6%). Mit der Absetzung des ersten hauptamtlichen und letzten demokratisch gewählten Bürgermeisters begann gleich in den ersten Tagen des Dritten Reiches eine Säuberungsaktion, in deren Verlauf praktisch die gesamte Gemeindeverwaltung durch Parteileute ersetzt wurde.
Die Angehörigen der wenigen am Ort ansässigen jüdischen Familien wurden 1940, soweit sie nicht beim Einsetzen der Verfolgung noch in die USA ausgewandert waren, zusammen mit den Heidelberger Juden nach Gurs in Südfrankreich deportiert. Von dort aus kamen sie später in den Osten, wo sie in den Konzentrationslagern Maidanek, Buchenwald und Auschwitz ermordet wurden.
Abgesehen von einem kleinen Feuergefecht bei Dossenheim am 29. März 1945 blieb der Ort von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs (1939-1945), der für ihn noch am gleichen Tag mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen zu Ende ging, weitgehend verschont, doch kamen 326 Männer nicht mehr von der Front zurück.
Der im Jahr 1939 rund 4300 Einwohner zählende Ort veränderte sich nach 1945 durch Zuzug von außen, darunter ein großer Anteil Kriegsflüchtlinge aus dem im Bombenkrieg zerstörten Mannheim und Heimatvertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten (über 1000 Personen).
1948 ernannte der Dossenheimer Gemeinderat den im gleichen Jahr zum Bischof von Tsingtao, dem Hauptort der chinesischen Provinz und ehemaligen deutschen Kolonie Kiautschou, geweihten, aus Dossenheim stammenden Missionar Augustin Olbert (1895-1964) zum ersten und bislang einzigen Ehrenbürger des Bergstraßenortes.
Durch die Ansiedlung mittelständischer Industriebetriebe sowie die Erschließung von Neubaugebieten im Norden, Süden und Westen des alten Dorfes entwickelte sich der Ort in den Nachkriegsjahrzehnten zunehmend zu einer der wohlhabendsten Wohngemeinden des Landkreises Heidelberg beziehungsweise (seit 1973) Rhein-Neckar-Kreises. Die Anzahl der Selbständigen in Einzelhandel, Handwerk und Landwirtschaft ging dabei stark zurück.
1973/74 konnten sich Dossenheims Bürger, allen voran Bürgermeister Heinrich Schumacher (amt 1963-1979), über Partei- und Vereinsgrenzen hinweg mit Erfolg gegen die von der baden-württembergischen Landesregierung in Stuttgart geplante Eingemeindung nach Heidelberg zur Wehr setzen.
Die meisten Erwerbstätigen verdienen heute ihren Unterhalt als Pendler in der benachbarten Universitätsstadt Heidelberg. Besonders augenfällig wurde diese Entwicklung in den achtziger Jahren mit der Erschließung des großen Neubaugebiets Dossenheim-West, der Schließung des über 100 Jahre betriebenen Steinbruchs Leferenz und der symbolträchtigen Errichtung eines bronzenen Steinbrecherdenkmals auf dem Rathausplatz. Schon 1988 wurde die 10.000-Einwohnergrenze überschritten. Auch Familiengrößen und -strukturen haben sich inzwischen stark verändert. 1991 waren bereits 40 Prozent aller Haushalte sog. „Ein-Personen-Haushalte“.
Ein besonderer Höhepunkt des Gemeindelebens war im Sommer 1966 die große Festwoche zur 1200-Jahrfeier der Ersterwähnung des Ortsnamens. Seit 1982 ist Dossenheim mit der südfranzösischen Gemeinde Le Grau du Roi, nahe Montpellier am Golfe du Lion gelegen, in einer „Jumelage“ eng verbunden, deren Förderung im Geiste eines Vereinten Europa auch Ziel einer im Frühjahr 1995 anläßlich der Verabschiedung Bürgermeister Dengers (amt. 1979-1995) ins Leben gerufenen Partnerschafts-Stiftung ist.
Mit dem Landtagsabgeordneten Hans Lorenz wurde 1995 erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder ein Einheimischer zum Bürgermeister Dossenheims gewählt. Die schon in den 80er Jahren diskutierte, aber immer wieder aufgeschobene notwendige Sanierung des alten Rathauses, in dem seit 1978 das von Ludwig Hilsheimer (1906-1985) gegründete Heimatmuseum der Gemeinde Dossenehim untergebracht ist, wurde 1996 begonnen. Nach erfolgter Neukonzeption der Dauerausstellung zur Ortsgeschichte konnten erste Ausstellungsbereiche im Laufe des Jahres 1999 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Eine kurze Geschichte von Dossenheim
Von der Steinzeit bis zur Schwelle des dritten Jahrtausends
Von Christian Burkhart
Dossenheim in Text und Bild
1250-jährige Geschichte einer Bergstraßengemeinde
Es ist etwas Besonderes, dass ein Buch nach fünfzig Jahren in zweiter Auflage erscheinen kann und das, wieder aus demselben Anlass wie beim ersten Mal. Wieder jährt sich ein Jubiläum der Gemeinde Dossenheim, nur dass es diesmal die 1250ste Wiederkehr der erstmaligen Erwähnung des Ortes in der schriftlichen Überlieferung ist. Ein Ereignis, das zu Recht die öffentliche Aufmerksamkeit verdient und das vom Verfasser mit der Neuauflage seiner längst vergriffenen Chronik von 1966 gewürdigt werden soll.
Was ist nun neu an der zweiten Auflage?
Neu ist, dass die vier Kapitel der Erstausgabe von 1966 überarbeitet und ergänzt wurden. Neu ist auch, dass das 20. Jahrhundert in einem fünften Kapitel dargestellt worden ist. Wichtige Themen wurden neu aufgegriffen, wie die äußere und innere Entwicklung des Ortes, die Zeit des Nationalsozialismus und des zweiten Weltkrieges, das Ende der Steinbruchindustrie, der Kampf um Selbstbehauptung gegen Eingemeindungswünsche und die Gründung der Partnerschaft mit der französischen Gemeinde Le Grau du Roi.
Der Verkauf erfolgt über die Dossenheimer Buchhandlung Worring OHG zum Preis von 24,90 EUR.
Buchhandlung Worring OHG
Hauptstraße 6
69221 Dossenheim
Telefon: 06221 8692-59
Fax: 06221 8600-54
E-Mail: worringOHG@aol.cm
Dossenheimer Heimatbuch
2. Auflage, 2005
Das Dossenheimer Heimatbuch ist ein ideales Geschenk für alle, die mehr über ihren Heimatort wissen wollen.
Verkaufsstellen:
Heimatmuseum Dossenheim
Buchhandlung Worring OHG, Hauptstr. 6, 69221 Dossenheim
Rathaus Dossenheim, Bürgerbüro
Verkaufspreis: 19,00 Euro
Herausgeber:
Heimatverein Dossenheim e.V.
Steinbrüche Vatter und Leferenz in Dossenheim
Während des Jubiläumsabends anlässlich der 1250-Jahrfeier der Gemeinde Dossenheim stellte der Freundeskreis der Gemeindebücherei erstmals das Buch „Steinbrüche Vatter und Leferenz in Dossenheim“ vor. Auf über 300 Seiten wird die Dossenheimer Steinbruchgeschichte in Form von noch nie veröffentlichten Texten und mehr als 200 Fotos und Abbildungen aus Archiven des Rathauses, Heimatvereines und von Privathaushalten dokumentiert.
Der Verkauf erfolgt über die Buchhandlung Worring OHG zu einem Preis von 25,00 Euro.