Interkommunaler Gutachterausschuss nimmt Arbeit auf

Transparenz und Verlässlichkeit

Der interkommunale Gutachterausschuss Nördlicher Rhein-Neckar-Kreis nimmt am 1. Januar 2021 seine Arbeit auf – Vom Gesetzgeber gewünscht

Im Februar dieses Jahres hatten im Weinheimer Schloss 13 Rathauschefs ihre Signaturen unter 13 gleichlautende Verträge gesetzt. Damit schickten sie den interkommunalen Gutachterausschuss Nördlicher Rhein-Neckar-Kreises auf die Endetappe eines Prozesses, der rund drei Jahren lang ein Thema in den politischen Gremien aller beteiligten Kommunen war und jetzt – im Dezember 2020 – alle Hürden genommen hat.

Am 1. Januar 2021 wird der gemeinsame Gutachterausschuss für die Kommunen Dossenheim, Heddesbach, Heddesheim, Heiligkreuzsteinach, Hemsbach, Hirschberg a. d. Bergstraße, Ilvesheim, Ladenburg, Laudenbach, Schönau, Schriesheim, Wilhelmsfeld und Weinheim seine Arbeit aufnehmen. Der Sitz seiner Geschäftsstelle ist in Weinheim, der größten der beteiligten Kommunen.

Bisher hatte jede Gemeinde einen eigenen Gutachterausschuss, der dafür zuständig war, Immobilien unabhängig und neutral zu bewerten und Bodenrichtwerte abzuleiten. Zudem sollten Marktberichte für die gesetzlich geforderte Transparenz sorgen. Eine Erhebung des Landes zeigte jedoch, dass nur rund 3,5 Prozent der Gutachterausschüsse die Bodenrichtwerte und sonstigen Wertermittlungsdaten gesetzeskonform ableiten. Und lediglich zwei Prozent stand eine ausreichende Datenbasis zur Verfügung – sie waren schlichtweg zu klein. Resultat war die 2017 in Kraft getretenen neue Gutachterausschussverordnung, welche Zusammenschlüsse benachbarter Gemeinden und damit größere Zuständigkeitsbereiche ermöglicht. Somit wurde die Grundlage geschaffen, um die notwendige Datenbasis für eine gesetzeskonforme Aufgabenerledigung zu gewährleisten, erläuterte Weinheims OB Manuel Just weiter. Grundsätzlich bleiben die Gutachterausschüsse in Baden-Württemberg aber in kommunaler Regie.

Bereits 2015 hatten die Bürgermeister des nördlichen Rhein-Neckar-Kreises in einem so genannten „Letter of Intent“ festgehalten, dass ein gemeinsamer Gutachterausschuss mit Sitz in Weinheim angestrebt werden soll. Dies nahm mit der neuen Gutachterausschussverordnung Fahrt auf und mündete Anfang 2020 in einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung. In dieser ist auch festgehalten, dass jede beteiligte Gemeinde das Recht hat, nach Einwohnerzahl gestaffelt, Gutachter in den gemeinsamen Ausschuss zu entsenden. Damit ist gewährleistet, dass alle Gemeinden angemessen vertreten sind. Die Gutachter wurden im Dezember vom Weinheimer Gemeinderat in öffentlichen Sitzung bestellt. Auch bilden die Kommunen eine Solidargemeinschaft, in der alle Einnahmen mit allen anfallenden Kosten verrechnet werden.

Matthias Meske, der als Amtsleiter im Weinheimer Rathaus den Vorsitz des neuen Gutachterausschusses übernimmt, erklärte: „Durch den zukünftig deutlich vergrößerten Zuständigkeitsbereich erreichen wir die vom Gesetzgeber geforderten ca. 1.000 Kaufverträge. Diese sind Voraussetzung, um die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen und Transparenz am Immobilienmarkt herzustellen. In anderen Bundesländern sind größere Einheiten im Gutachterausschusswesen ohnehin längst gang und gäbe.“ Unterstützt wird er durch seine Kollegin Martina Nagora, welche die Geschäftsstelle leitet. Als Mitarbeiterteam stehen ihnen Chiara Pfleger, Anja Reiter, Ilonka Väth und René Roth zur Seite.

Den Marktbeobachtungen der Gutachterausschüsse kommt eine immer größere Bedeutung zu, gerade auch für den rechtssicheren Umgang mit dem Erbschaftssteuerreformgesetz, der Grundsteuerreform, städtischen und regionalen Entwicklungsmaßnahmen aber auch für die Bürger. „Wir führen eine große Kaufpreissammlung, in dem jeder notarielle Kaufvertrag aufgenommen wird, ganz gleich ob es um Häuser, Wohnungen, Grundstücke oder Gewerbe geht“, fügt Frau Nagora hinzu. „Jeder Bürger kann Einsicht in diese Kaufpreissammlung nehmen, z.B. im Rahmen des Verkaufs seiner Immobilie, wenn Informationen über Preise benötigt werden. Sollte eine unabhängige und fachlich fundierte Bewertung des Grundstücks nötig sein, z.B. bei Erb- oder Scheidungsauseinandersetzungen wird die Hilfe des Gutachterausschusses auch gerne in Anspruch genommen.“ Aber auch Sachverständige, Banken und die Finanzverwaltung sind auf verlässliche Grundstücksmarktdaten angewiesen.

Zu den wichtigsten Aufgaben zu Beginn des neuen Ausschusses wird die transparente Ableitung von belastbaren Bodenrichtwerten zum Stichtag 31. Dezember 2020 gehören. Dies erfordert eine enge Abstimmung mit den beteiligten Gemeinden und setzt die Erfassung der Kaufverträge aller Kommunen voraus. Die neuen Bodenrichtwerte werden Ende des ersten Halbjahres 2021 beschlossen und in BORIS-BW veröffentlicht.

Die Geschäftsstelle des neuen Gremiums ist ab dem Januar 2021 online unter

www.gaa-nrnk.de  erreichbar. Dort findet man neben allen notwendigen Informationen auch sämtliche Anträge. Über die Mailadresse: gutachterausschuss@gaa-nrnk.de stehen die Mitarbeiter für Anliegen zur Verfügung. Darüber hinaus werden Anträge auf Gutachten oder sonstige Leistungen des Gutachterausschusses auch von jedem Rathaus der beteiligten Gemeinden entgegengenommen und an die Geschäftsstelle in Weinheim weitergeleitet. Damit ist die Erreichbarkeit vor Ort weiterhin gewährleistet.